Erster Standort einer Sternwarte – Düsseldorf Mühlenstraße – seit ca. 1710
Das Jesuitenkloster, dessen Gebäude ca. 1710 gebaut wurde, bot mit der „Sternwarte“ im Dachaufbau die erste Möglichkeit astronomischer Beobachtungen. Der Jesuitenpater Ferdinand Orban (1655 – 1732), in Düsseldorf als Beichtvater bei Kurfürst Johann Wilhelm 1703–1716 („Jan Wellem“), nutzte auch die im Obergeschoss eingerichtete Sternwarte. Mit Aufhebung des Jesuitenordens 1773 geht des Gebäudes in staatlichen Besitz über, anschließend beginnt hier mit dem Astronomen Johann Friedrich Benzenberg die erste wissenschaftliche astronomische Forschung in Düsseldorf.
Johann Friedrich Benzenberg
Johann Friedrich Benzenberg beobachtet also vom Dach des Stadthauses aus, dem ehemaligen Jesuitenkolleg (neben den beiden Türmen der Jesuitenkirche St. Andreas). So schreibt er 1805 „Ich lebe hier in angenehmen Verhältnissen. Meine Wohnung ist auf der Sternwarte und aus meinem Schreibcabinet, das unmittelbar unter der Plattform ist, übersehe ich die Stadt, den Rhein und die ganze umliegende Gegend auf mehrere Stunden im Umkreis“.
1843 verlegt Johann Friedrich Benzenberg die Sternwarte wegen des steten Wachstums der Stadt mit all ihren Störungen nach Bilk. [Düsseldorfer Heimatblätter Heft 10 S. 192 XVIII. Jg] Die Sternwarte an der Mühlenstraße hatte die preußische Verwaltung in den ca. 1830er Jahren „preisgegeben“. Der Dachaufsatz bleibt aber bis etwa 1953 erhalten.
Düsseldorf auf dem Weg zur Kulturmetropole
Düsseldorf bemühte sich erfolgreich im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts zu einer europäischen Kulturmetropole aufzusteigen. So trug hierzu z.B. die Gemahlin von Jan Wellem ( mit der offiziellen Benennung „pfälzischer Kurfürst Johann Wilhelm“) Anna Maria de Medici maßgeblich bei. In der Folge entstand früh die Kunstakademie, es entstand die Düsseldorfer Malerschule. Es gab aber keine Akademie oder Universität oder später ein Kaiser-Wilhelm-Institut, das sich den Naturwissenschaften gewidmet hätte. So fehlte auch völlig die Basis für den Bau einer Sternwarte, der von fürstlichem oder staatlichem Interesse getragen gewesen wäre. (Wir danken Frau Andrea Trudewind vom Düsselorfer Stadtarchiv für die erfolgreiche Suche nach Bildern zu den Zeitabschnitten Altstadt – Bilk – Benrath. Man kann keineswegs alles mit Google im Internet finden!)
Die Instrumente – das Teleskop
Zu Orban ist nicht überliefert, womit er seine astronomischen Beobachtungen durchführte. Aber 1704, ein Jahr nach Beginn seiner Tätigkeit am Hof Jan Wellems, kam Nicolaas Hartsoeker dazu, der sich in Holland und Paris schon einen Namen als Instrumentenbauer (Mikroskop, Teleskop) gemacht hatte. Rapparini bildet ihn 1706 in Düsseldorf so ab:
Wurde schon ein Spiegelteleskop verwendet?
Zu sehen ist auf der Medaille auch ein Hohlspiegel 1. Hat Hartsoeker für Düsseldorf auch schon ein Spiegelteleskop gebaut? Nein! Quellen berichten, dass er einen „großen Brennspiegel“ aus zusammengesetzten Stücken baute, ähnlich dem, von dem einige behaupten, dass Archimedes 2 ihn benutzt habe. Damit wurde das Entzünden unterschiedlicher Materialien aus größerem Abstand probiert.
1 Schon Leonardo da Vinci hatte zwar 1512 die Beobachtung des Sternenhimmels mit einem Hohl-(Konkav)spiegel beschrieben, und 1616 hatte der Jesuitenpater Nicolaus Zucchius in Rom das erste Spiegelteleskop gebaut. Aber sein gekippter Hohlspiegel mit der seitlichen Zerstreuungslinse als Okular hatte so große Abbildungsfehler, dass zur Beobachtung des Himmels die Linsenteleskope genutzt wurden.
Catalogue des verres ardens, miroirs ardens, verres objectifs, microscopes, aimants laissez, Par feu M. N. Hartsoeker = Catalogus vitra ardentia, specula ustoria, Vitra objectiva, microscopia, magnetes lapides, & alia id genus a celeberr, viro N. Hartsoeker Johannes Swart, Den Haag 1727, S. 2f
Der französische Text zum Düsseldorfer Hohlspiegel lautet übersetzt:
Ein Brennspiegel mit einem Durchmesser von 5 Fuß 8 Zoll Durchmesser. Dieser Spiegel ist aus zweiunddreißig Einzelteilen zusammengesetzt. Es ist derselbe, an dem Herr Hartsoeker in Amsterdam arbeiten ließ, als er dort wohnte, und den er später nach Dusseldorp brachte, wo man lange Zeit die Wirkung in den Gärten des Schlosses gesehen hat. Er braucht so wenig Zeit, um ein Stück Eisen von drei oder vier Linien Dicke zu schmelzen, dass man sagen kann, dass er es fast im gleichen Augenblick schmilzt, in dem man es in den Brennpunkt bringt, wobei das geschmolzene Eisen in großen Tropfen herabfließt. Er verglast auch in sehr kurzer Zeit ein Schieferstück, Knochen und alle Arten von Steinen. Er ist so gebaut, dass die Spiegel und das Becken, in das sie eingefügt sind, in kurzer Zeit herausgenommen und ohne die geringste Schwierigkeit transportiert werden kann.
1 piez, pied de roi = Fuß = 32,48 cm
1 pouce = fr. Zoll = 2,71 cm (12 pouces = 1 pied)
1 ligne = Pariser Linie = 2,26 mm (12 lignes = 1 pouce)
Wie sieht der Sternwartenstandort Mühlenstraße heute aus?
Das Gebäude von 1625 steht noch! Der Dachaufbau der Sternwarte ist aber verschwunden. Genutzt wird das Gebäude jetzt seit 2009/2014 durch das „Living Hotel de Medici“, das Restaurant „Brasserie Stadthaus“, und es beherbergt die Mahn- und Gedenkstätte der Stadt Düsseldorf.